Jahresrückblick – Reiserecht & Corona

Das Corona-Jahr 2020 war im Reiserecht wild. Nachdem Mitte März 2020 der Reisebranche bewusst wurde, dass die gebuchten Reisen nicht mehr stattfinden würden, verfuhren viele Reiseveranstalter und Airlines nach der „Vogelstrauß“-Mentalität und steckten den Kopf in den Sand. Storno-Hotlines und E-Mail-Adressen wurden abgestellt, so dass die Kunden nicht stornieren und ihre Anzahlungen zurückfordern konnten.

Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes, die nahezu im Monatsrhythmus erschienen, bildeten die rechtliche Leitplanke für das kostenfreie Rücktrittsrecht. Ab Mitte Juni 2020 war für einige Wochen sogar ein fast normaler Urlaub insbesondere im europäischen Ausland möglich.

Der bis dahin eher unauffällige § 651h Abs. 3 BGB, der eine kostenfreie Stornierung vor Reiseantritt vorsieht, wurde in diesem Jahr zu der zentralen Vorschrift. So war uns Reiserechtlern schnell klar, dass COVID 19 einen außergewöhnlichen Umstand darstellt (früher „höhere Gewalt“), problematisch wurde der genaue Zeitpunkt des möglichen Rücktritts oder in welcher Höhe Reiseveranstalter bei abgebrochenen Reisen den Reisepreis zu erstatten hatten.

Viele Reiseveranstalter als auch Fluggesellschaften wichen der eindeutigen Erstattungspflicht dieser Vorschrift aus, verwiesen auf vermeintliche Gutscheinregeln oder zahlten schlichtweg nicht. Hierbei war natürlich klar, dass die Tourismusbranche in eine schwere Krise geraten war und erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten hatte.

Die deutsche Regierung rund um den Wirtschaftsminister Altmaier machte hierbei eine unglückliche Figur, die der Tourismusbranche erheblichen Schaden bereitet haben dürfte. So wurde versucht, im nationalen Alleingang, eine ungesicherte Gutscheinregelung für Ticket-und Reisepreiserstattungen durchzusetzen. Dies scheiterte nach zwei Monaten krachend in Brüssel. Ein Blick in das europäische Ausland – so insbesondere in die Niederlande- hätte gezeigt, wie es geht.

Seit einigen Monaten liegen bereits die ersten „Corona-Urteile“ vor. So hat das Amtsgericht Frankfurt am Main in einer viel zitierten Entscheidung vom 11.08.2020 (82 C 2136/20 (18)) entschieden, dass Reisen auch ohne offizielle Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes storniert werden konnten. Letztlich bestätigte dieses Urteil nur die bestehende Rechtslage, nachdem eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung der Reise zum Zeitpunkt der Stornierung (Prognoseentscheidung) vorliegen muss. Hierfür ist eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes nur ein Indiz.

Das Jahr 2021 dürfte für die deutsche Reisebranche zum Schicksalsjahr werden. Das immer noch ausgesetzte Insolvenzrecht hat zur Folge, dass viele Firmen, die eigentlich schon zahlungsunfähig sind, immer noch am Markt agieren dürfen („Zombie-Firmen“). Wer dazu gehört, ist für den Kunden oftmals nicht erkennbar. Es gilt zu befürchten, dass das gesunde Insolvenzrecht nicht vor der Bundestagswahl im September 2021 wieder eingeführt wird. Hiernach werden insbesondere die großen Player am Markt (Lufthansa, TUI) überleben, die Kleinen verschwinden und die Mittleren mit extremen wirtschaftlichen Schäden belastet sein. Ob die deutschen Touristen wieder zu ihrer berühmten Reisefreude zurückkehren werden, hängt auch davon ab, wie das COVID-Infektionsgeschehen in den nächsten Monaten die Bevölkerung belastet wird.

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